Solo durch Deutschland

Hinterlasse unten einen Kommentar!

» Solo Träume und der umgestürzte Baum

Die Idee, eine eigene Bikepacking-Route durch Deutschland zusammenzustellen, hatte ich schon länger. Im Winter 2022 begann ich mit den ersten Recherchen, und ursprünglich war es mein Plan, diese Strecke im Sommer 2023 mit dem Gravelbike zu fahren. Doch wie es manchmal so ist, kam kurz vor der Abfahrt bei uns am Ammersee ein heftiges Unwetter auf, das einen 30 Meter hohen Baum vom Nachbargrundstück zum Umstürzen brachte. Zu allem Unglück traf der Baum direkt unseren Fahrradschuppen. Ja, richtig, das leichte Carbon-Gravelbike war platt und unreparierbar kaputt. Innerhalb von drei Wochen ließ sich auch kein adäquater Ersatz besorgen, sodass ich die Tour erstmal absagen musste. Ihr könnt euch vorstellen, wie enttäuschend das war, zumal ich den Winter davor einiges dafür getan hatte, diese Tour sportlich anzugehen.

Im besagten Fahrradschuppen hatte allerdings eines meiner Räder überlebt, und zwar ein Hardtail-MTB. Der Carbonrahmen, die Schaltgruppe und die Bremsen waren tipptopp und auf dem neuesten Stand. Der Rest, naja, die Komponenten entsprachen nicht ganz meinen Vorstellungen und waren relativ schwer. Bisher hatte ich das Fahrrad nur als Alltagsvehikel im Ort genutzt, um von A nach B zu kommen. Glücklicherweise regulierte die Versicherung den Totalschaden des Gravelbikes relativ schnell, sodass ich mit einem guten Gefühl das Hardtail mit neuen, hochwertigen Komponenten nachrüsten konnte.

Statt also meine Tour durch Deutschland zu fahren, unternahm ich im Spätsommer 2023 einige Overnighter mit dem MTB. Was zunächst als Notlösung begonnen hatte, entwickelte sich zu einer echten Vorliebe. Ich merkte schnell, dass es mir guttut, den Straßenverkehr weitestgehend zu meiden. Leichte Single Trails fand ich ebenfalls großartig. Allerdings würde ich mich eher als „King of Forstweg“ bezeichnen, denn sobald es wirklich knifflig und technisch anspruchsvoll wird, ist das weniger mein Ding.

» Ein neuer Anlauf zu Ostern 2024

Im Winter 2023/24 habe ich mich dazu entschlossen, die ursprünglich geplante Gravel-Tour auf mein Hardtail anzupassen und noch mehr Offroad-Anteile in die Strecke einzubauen. Diese Planung hat mir an den dunklen, kalten Tagen vor dem Kamin viel Spaß bereitet – die Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude. Nach Absprachen mit meiner Familie stellte sich heraus, dass das Zeitfenster leider nur zu Ostern passen würde, also sehr früh im Jahr. Ihr wisst, was das bedeutet: Deutschland ist im Frühjahr meistens kalt und regnerisch, das Wetter ist äußerst unbeständig. Aber egal, ich hatte mir diese Aufgabe gestellt und wollte sie auch angehen.

Was ich nicht verschweigen möchte, ist, dass ich fast zwölf Jahre lang keine derartige Tour mehr unternommen hatte. Auch das Training im Jahr davor und in diesem Winter gab mir keine klare Vorstellung davon, wo ich stand. Somit war die gesamte Unternehmung ein Abenteuer und ein Experiment zugleich. Denn für mich stand zu diesem Zeitpunkt schon fest: Wenn es mir gefallen sollte, mache ich weiter. Aus dieser Idee entstand letztlich auch dieses Journal.

Im Winter habe ich einfach versucht, in Bewegung zu bleiben und meinen Körper regelmäßig daran zu gewöhnen, dass er gefordert wird. Dabei habe ich kein wirklich strukturiertes Training gemacht, sondern in Zwei- und Dreierblöcken gearbeitet. Die Strecken waren eher kurz, und ich habe mit den Intensitäten etwas gespielt. Am Bike habe ich noch das Cockpit um einen längeren Vorbau modifiziert. Dadurch ist das MTB zwar weniger wendig, aber es läuft wesentlich ruhiger, was auf langen Strecken mit weniger Höhenmetern von Vorteil ist. So startete ich also mit einer gewissen Vorfreude und Spannung in dieses Abenteuer.

» Endlich auf Bikepacking Tour

Ich hatte oben ja beschrieben, dass es noch sehr früh im Jahr war. Daher hatte ich für mich entschieden, es langsam anzugehen und die Strecke im Abenteuermodus mit Übernachtungen in Unterkünften zu bewältigen. Wenn es die Konstitution zulässt, wollte ich hier und da ein paar Dinge ausprobieren und für mich antesten. Um den Abenteuermodus genauer zu definieren: Er liegt bei mir im Spektrum zwischen Radreise und Rennen.

Direkt zum Start hatte ich es mit Hagel, Gewitter und Sturm zu tun, was sich wie ein roter Faden durch die gesamte Tour zog. Es gab jedoch auch zwei Tage mit etwas Sonnenschein. Zwar waren die Temperaturen nicht besonders hoch, aber ich habe sie dankend angenommen. Insgesamt waren die Bedingungen nass und morastig, und manche Teile meiner Strecke konnte ich nicht befahren. An verschiedenen Stellen musste ich deshalb Umwege machen, um überhaupt voranzukommen. Mir hat das nichts ausgemacht, aber ich möchte es nicht unerwähnt lassen. Jedem, der diese Tour wiederholen möchte, würde ich daher raten, im Sommer zu fahren, bei stabileren Wetterverhältnissen. Die Originalstrecke sollte dann ohne Umwege vollständig zu bewältigen sein.

Für mich waren auf dieser Bikepacking-Tour die absoluten Highlights die nonstop Durchquerung des Thüringer Waldes mit einer grandios düsteren und nebeligen Stimmung sowie die Abfahrt von der Hochebene des Südharzes, die wirklich zum Dahincruisen einlud. Nicht zu vergessen: meine Tag- und Nachtfahrt von Wernigerode bis nach Siek (Ahrensburg), bei der am Ende 273 km am Stück mit dem MTB auf dem Tacho standen. Ich hatte ja geschrieben, dass ich verschiedene Dinge testen wollte.

Aber jetzt, wo ich das schreibe, merke ich, dass ich mich da gar nicht so limitieren will. Mir fällt direkt auch dieser wunderschöne Steinbruch ein, in dem ich einen atemberaubenden Sonnenuntergang erleben durfte. Eigentlich hatte ich mich verfahren, aber dieses Mal war es ein wunderschönes Verirren. Es war nur etwas schwierig, wieder herauszukommen. Insgesamt musste ich das Rad 1 bis 2 km tragen, bis ich wieder auf einen Wanderpfad gestoßen bin, der mich zurück auf meinen Track geführt hat, von wo aus es dann weiterging.

Die Ernährung hat auf dieser Tour im Großen und Ganzen gut geklappt, abgesehen von einem Tag, an dem mir das Tankstellenessen dann doch zu viel wurde. In Zukunft werde ich darauf achten, es damit nicht zu übertreiben und mich besser zu ernähren. Allerdings muss man auch erwähnen, dass zu Ostern viele Geschäfte geschlossen waren, teilweise sogar die Tankstellen. Daher war die Auswahl zu diesem Zeitpunkt auch nur äußerst begrenzt. Über meinen Instagram-Account kam die Frage auf, ob ich eher Team Snickers oder Team Twix bin. Ich bin definitiv Team Twix.

Was sich für mich auch echt bewährt hat, war, dass ich eine große und lange Playlist auf dem Smartphone hatte. Dazu habe ich mir noch unzählige Podcast-Folgen von anderen Podcastern aus dem Bereich Bikepacking und Ultra-Cycling heruntergeladen. Besonders auf der Nachtfahrt habe ich viel davon gehört. Es war schon eine lustige Situation, selbst ein Abenteuer zu erleben, durch die Nacht zu rasen und dabei den Abenteuern der anderen zuzuhören.

Nach neun Etappen bin ich am frühen Abend des 02. April 2024 um 17:14 Uhr in Kalifornien an der Ostsee angekommen. Es gab sogar ein kleines Empfangskomitee, und wir haben mit einer Flasche Sekt angestoßen, danach ging es weiter in meine gebuchte Unterkunft. Wenn ihr gerne einen ausführlichen Tourenbericht hören wollt, klickt am besten die dazugehörige Podcast Episode an. Einen Wermutstropfen muss ich zum Schluss aber doch noch loswerden: Die Unterkunftssuche unterwegs war mit dem Fahrrad wirklich äußerst schwierig. Die wenigsten Hoteliers sind auf Radreisende eingestellt oder in der Lage, flexibel darauf zu reagieren. Meiner Meinung nach gibt es fast immer irgendwo einen Raum oder eine Garage, die man sicher abschließen kann, um ein Fahrrad sicher abzustellen. Hier gibt es noch viel Potenzial nach oben, was den Service-Willen am Gast betrifft.

» Die Packliste

An dieser Stelle möchte ich euch meine Packliste + das bepackte Bike präsentieren. Ich habe mich entschieden, dass ich zu jeder neuen Tour wieder eine Packliste und das dazugehörige Rad zeige. Aufmerksame Leser und Leserinnen können so verfolgen, wie ich meine Ausrüstung modifiziere, verbessere, Dinge hinzufüge oder auch wieder weglasse. Ich denke, daraus kann man gut ablesen, wie ich derzeit unterwegs bin und wie sich mein Equipment im Laufe der Zeit entwickelt.

» GPS Track und Collection auf Komoot

Hier stelle ich euch die Originalroute zur Verfügung sowie die gefahrene Collection, die ich zusammengestellt habe und die meine gesamten Tourdaten beinhaltet. Ihr könnt sehen, welche Kilometer ich täglich zurückgelegt habe. Wie bereits erwähnt, hängt dies stark von den Witterungsbedingungen ab. Es hängt auch davon ab, wozu man natürlich bereit ist, Dinge in Kauf zu nehmen – ob man sich quälen möchte oder lieber ins Hotel oder in den Schlafsack geht. Egal zu welcher Fraktion ihr auch gehört. Ich wünsche euch ganz viel Spaß und Erfolg und lass doch mal hören, wie es bei euch gelaufen ist!