Unsupported durch die Zentral- & Westalpen
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» Die Anfänge meines heutigen Bikepackings
Unsere abenteuerliche Fahrt durch die Alpen stammt aus dem Sommer 2008, also lange bevor es Komoot, Instagram oder überhaupt mobiles Internet für unterwegs am Smartphone gab. Auch die GPS-Navigation war zu diesem Zeitpunkt noch auf einem anderen Niveau als heute. Für unsere Tour gab es keine Vorlage; so etwas wurde damals hierzulande kaum unsupported auf dem Rennrad gefahren. Ehrlich gesagt, wussten wir zu dieser Zeit auch nicht wirklich, worauf wir uns einließen. Aber rückblickend war es die Tour unseres Lebens und die ersten Anfänge meines heutigen Bikepackings.
Die Daten sind durch die notwendige Komprimierung im damaligen GPS-Gerät ziemlich grob geworden; das bitten wir an dieser Stelle zu entschuldigen. Wir haben den Track auch noch größtenteils bereinigt, also ohne Verfahrer und ohne Strecken, die man besser anderweitig umgeht. Dadurch weichen die Streckendaten natürlich deutlich von der tatsächlichen Fahrleistung ab: Nach 19 Tagen hatten wir insgesamt 2.511 Kilometer und 45.351 Höhenmeter auf dem Tacho.
» Wie kam es zu der Idee, diese Tour zu fahren?
Etwa Ende April 2008 saßen wir beide nach einer Rennradtour bei unserem Italiener in München und berieten uns über unsere bis dahin geplante Skandinavienreise. Wir wollten eigentlich zum Fotografieren bis zum Nordkap fahren. Ich fragte Patrick also: „Wollen wir nicht die Räder auf unserem Roadtrip mitnehmen? Irgendwie habe ich gar keinen Bock auf Radelpause.“ Patrick ging es ähnlich, und er hatte nichts dagegen, denn den Spaß am Radfahren hatten wir beide immer und überall.
Die nächste logische Schlussfolgerung: Gehen wir überhaupt fotografieren, wenn wir die Räder dabeihaben? Nicht wirklich, das war ja damals auch noch nicht so einfach; heute ist die Technik in dieser Beziehung ja viel weiter und wesentlich kompakter. Wir fragten uns also: „Was machen wir dann in Norwegen, einem der teuersten Reiseländer, wenn man auch woanders biken kann?“ Fazit: Wir fahren woanders hin. Skandinavien musste noch auf uns warten und das Auto konnte auch zuhause bleiben. Jetzt musste ein neues Ziel gefunden werden.
» Ein Ziel wurde gefunden
Eine Woche Lago di Garda? Nein – zu langweilig. Alpencross mit dem MTB? Schon eher, aber wenn schon, dann lieber zwei Wochen, und bitte auch wieder zurück. Start in München, weil wir da damals gewohnt haben. Das waren unsere anfänglichen Überlegungen. Ein paar Tage später rief ich Patrick an: „Lass uns das doch mit den Rennrädern fahren – das gab es noch nicht, und wir betreten auch Neuland.“ Ihr ahnt, was jetzt kommt? Einige Tage später telefonierten Patrick und ich noch einmal, um eine mögliche Strecke festzulegen. Wie viel wollten wir denn überhaupt fahren? Wie soll der Kurs aussehen, wie viele Höhenmeter und wie viele Kilometer? Schnell mal überschlagen, was man vielleicht so an Kilometern in den zwei Wochen fahren kann, und das in den Alpen mit all den vielen Pässen: 2.000 km und 30.000 Höhenmeter vielleicht? Mit dem Rennrad schafft man ja auch etwas mehr Kilometer, also 2.500 km und 45.000 Höhenmeter? OK – könnte gehen! Die Strecke damals zu planen, war nur mit Karte, Atlas und Daten aus Google Maps am Rechner möglich.
» Packmaß, Leichtsinn und damalige Realitäten
Nun mussten wir uns noch damit beschäftigen, was wir auf so einer Tour mitnehmen wollten. Zu der Zeit gab es nur MTB-Rucksäcke oder größere Satteltaschen. Wer vom älteren Semester ist, weiß genau, was wir meinen: die megaschweren, aber wasserdichten Dinger am Fahrradsattel. Wir waren noch sehr weit entfernt von dem heutigen Bikepacking-Sortiment, wie Arschraketen und Frontrollen. Wir haben uns dann für einen kleinen und sehr flachen MTB-Rucksack entschieden, Packmaß 12L, den wir dann modifiziert haben, um ihn noch leichter zu machen. Die Langlebigkeit war uns damals eher egal, er musste ja im Grunde nur für die geplanten zwei Wochen halten. So haben wir verschiedene Stoffschichten entfernt und das Ding wieder professionell zusammennähen lassen. Denn es war uns sehr wichtig, die Abfahrten sowie überhaupt die gesamte Tour so sportlich wie möglich anzugehen.
Genauso spartanisch wie bei unserem Rucksack waren wir bei unserer Kleidung unterwegs. Wenn ich heute darüber nachdenke, wie leichtsinnig wir waren – ich hatte nicht mal eine Regenhose dabei, nur eine Regenjacke ohne Kapuze, und das war’s. Man muss sich das mal vorstellen: Früher konnte man nicht einfach ins Geschäft gehen und sagen: „Hey, wir planen eine zweiwöchige Tour mit den Rennrädern, unsupported durch die Alpen. Habt ihr dafür mal ein paar Sachen?“ Man hätte uns den Vogel gezeigt und gesagt: „Ihr spinnt doch!“ Alles, was man heute mitnimmt, war früher wirklich sackschwer und vom Packmaß her nicht mitführbar. Wir waren halt komplett am Anfang der ganzen Bikepacking-Szene, zumindest in Deutschland. Damals war es üblich, in Gruppen zu fahren, sich ein Wohnmobil zu mieten, das dann die Ehefrau fuhr. Die anderen fuhren den Pass hoch, hatten dort ihre Verpflegung, und dann ging es gemeinsam runter. Uns Beiden war das zu teuer und zu langweilig. Am Ende hatten wir riesiges Glück mit dem Wetter und sind mit den wenigen Sachen, die wir dabei hatten, sehr gut durchgekommen.
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Die Podcast Episode zur Tour, hier berichten wir noch mal ausführlich.
» Quartiersuche, GPS und Vollgas
Offen gesagt, mit den heutigen Kommunikationsmöglichkeiten und dem Smartphone hätten wir die Tour wesentlich einfacher und schneller fahren können. Die Zeitverluste auf der Strecke summierten sich täglich. Es gab pro Tag nur zwei kurze Erholungspausen zur Nahrungsaufnahme; ansonsten wurde auf dem Rad gegessen. Der größte Zeitfresser war die tägliche Quartiersuche, gefolgt von der Nahrungs- und Getränkeversorgung. Heutzutage kannst du einfach ganz locker in dein Smartphone schauen, wo die nächste Tankstelle oder ein Bäcker ist – das ging damals nicht. Du musstest, wenn du ein Dorf oder einen Ort erreicht hast, dich durchfragen oder einfach erkunden, was vor Ort überhaupt anzutreffen war und ob es geöffnet hatte. Das eine oder andere Mal mussten wir mit knurrendem Magen weiterfahren. All das schränkte natürlich unsere Reichweite erheblich ein.
Die Wegfindung war zwar prinzipiell einfach, da wir ein GPS mit einer Route hatten, aber oft war uns der sich uns offenbarende Weg zu hässlich oder zu gefährlich zu fahren. Unzählige Male landeten wir vor einem Schild, das Radfahrern die Weiterfahrt verbot, ohne dass offensichtlich oder gar beschilderte Alternativen vorhanden waren. Selbst wenn man nur dreimal täglich kurz anhält, um ein vernünftiges Foto zu machen (was wir getan haben), ist ganz schnell eine halbe Stunde weg. Und das sind dann auch schon 10 km! Es gibt unterwegs einige Tunnel, die für Radfahrer gesperrt sind – diese bitte nach eigener Einschätzung umfahren! Wir waren damals teilweise etwas sehr wild unterwegs und sind einfach Vollgas durchgeknallt. Das würden wir heute so nicht mehr machen, und es drohen inzwischen auch drakonische Strafen, wenn man erwischt wird.
» Körpergefühl, Instinkt und Spaß haben
Trainiert haben wir für die Tour an sich nichts Spezielles. Bergtraining gab es vorher auf der Großglockner-Hochalpenstraße – die sind wir fleißig hoch und runter gefahren. Ansonsten wurden einfach 4-5 Mal die Woche Ausfahrten unternommen, so wie es der Job und die Physis zuließen. Auch da sind die meisten heute wesentlich besser aufgestellt und haben eine systematische Trainingssteuerung. Wir beide hatten da im Grunde nie wirklich Bock drauf und sind immer nach Gefühl und Instinkt gefahren. Ich weiß, jetzt ist der Aufschrei meistens groß: „Das soll man nicht, das kann man nicht, das führt zu nichts.“ Aber ich für meinen Teil kann sagen, ich hatte immer ein sehr gutes Körpergefühl und habe bei meinem Training und den Rennen früher ehrlich gesagt nie wirklich schlecht abgeschnitten. Vor allem bin ich meine gesamte Radsportlaufbahn weitgehend verletzungsfrei geblieben. Ja, wahrscheinlich hätte ich noch mehr rausholen können, aber es hätte wahrscheinlich auch nur halb so viel Spaß gemacht – und das tut es heute immer noch.
» Die Tour sucht Wiederholungstäter!
Patrick und ich würden uns echt sehr freuen, wenn jemand diese Tour wiederholen mag und berichtet, wie es ihm oder ihr heute damit ergangen ist. Wir wünschen euch für das anstehende Abenteuer ganz viel Glück und Erfolg!